Das sind die Ergebnisse einer Fachtagung des Bündnisses für Kinder- und Jugendrehabilitation in Berlin an der Ärzte, Psychiater, Vertreter der Renten- und Krankenversicherung, Politiker und auch Repräsentanten aus den Selbsthilfegruppen von chronisch Erkrankten teilnahmen. „Durch die zunehmende Spezialisierung der Ärzte und Therapeuten sowie durch bestimmte Behandlungsprogramme wie dem Disease-Management-Programm (DMP) sind die betroffenen Kinder und Jugendlichen zwar medizinisch viel besser versorgt als früher“, berichtet Alwin Baumann, Sprecher des Bündnisses für Kinder- und Jugendrehabilitation, „heutzutage ist es aber vor allem ein Problem, mit dem Krankheitsaufwand und den psychosozialen Folgen zurechtzukommen“.
Laut Angaben des Robert Koch-Institutes leidet etwa jeder fünfte Jugendliche unter psychischen Problemen. Zwölf bis 15% der Kinder und Jugendlichen im Alter von 7 bis 17 Jahren fühlen sich krank – Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Tendenz steigend. Rehabilitationskliniken für Kinder und Jugendliche bieten Programme an, damit die Kinder und Jugendlichen mit ihrer Erkrankung, in ihrem Alltag und in der Schule wieder besser zurechtkommen. Damit diese mehrwöchigen intensiven Therapien nicht verpuffen ist die bessere Vernetzung von stationärer Kinder- und Jugendrehabilitation mit einer ambulanten Nachsorge, die von den betreuenden Ärzten am Heimatort der Betroffenen geleistet wird, notwendig. Laut Baumann müssen die Rehakliniken auch mit der Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie enger zusammenarbeiten. Die Tagungsbeiträge verdeutlichen, dass klare gesetzliche Zuständigkeiten für die Kinder- und Jugendrehabilitation und Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Betreuung wünschenswert sind. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass es für Eltern und Patienten leichter werden sollte, Anträge auf Kinder- und Jugendrehabilitation zu stellen und dass auch niedergelassene Ärzte verstärkt darüber aufgeklärt werden sollten, für welche Erkrankungen es geeignete stationäre Einrichtungen gibt.
Frühes Eingreifen kann Chronifizierung der Erkrankung verhindern
Um eine Manifestierung einer Erkrankung im Übergang zum Erwachsenenalter zu verhindern, raten Experten dazu, geeignete Maßnahmen bei betroffenen Kindern und Jugendlichen früh einzuleiten. „Wenn wir auf eine seelische Erkrankung aufmerksam werden, dann können wir leider sehr häufig nicht schnell genug reagieren. Die Wartezeiten in der ambulanten Kinder- und Jugendpsychotherapie in Deutschland betragen etwa 3 bis 4 Monate. Und das ist oftmals zu lange – nicht selten wenden sich Jugendliche dann ab, mit der Folge, dass diese seelische Erkrankung sich manifestiert“, berichtet Prof. Dr. Michael Kölch, Kinder- und Jugendpsychiater und Chefarzt am Vivantes-Klinikum in Berlin.
„Dazu kommt, dass viele Angebote die Betroffenen gar nicht erreichen, da es zu viele unterschiedliche Zuständigkeiten gibt. Viele der Angebote sind in unterschiedlichen Sozialgesetzbüchern verankert, was zu einem Nebeneinander von Leistungen führt, und von daher eher kontraproduktiv ist, weil die Angebote nicht wahrgenommen werden. Für die betreuenden Mediziner, Pädagogen und Sozialarbeiter bilden diese unterschiedlichen Zuständigkeiten oft hohe bürokratische Hürden, die eine frühe und nachhaltige Intervention bei den Patienten erschweren. Je früher wir uns aber den Gesundheitsproblemen der Heranwachsenden annehmen, desto höher ist die Chance, sie gesund ins Erwachsenenalter zu bringen“, rät Prof. Kölch. Die Notwendigkeit von Rehabilitationsmaßnahmen im Kindes- und Jugendalter wurde auch von den anwesenden Vertretern aus der Politik und den Leistungsträgern der Rentenversicherung bestätigt. Ziel ist es, den Anspruch der Kinder und Jugendlichen auf diese wichtige Gesundheitsförderung eindeutig gesetzlich zu verankern, wie das für Erwachsene bereits der Fall ist.
Pressemitteilung zur Jahrestagung Kinder- und Jugendrehabilitation „Trägt das Hilfenetz chronisch kranke Kinder und Jugendliche?“ am 13. Mai 2015 in Berlin, Quellen: RKI, Kiggs-Survey 2009-2012
Vorträge zur Jahrestagung Kinder- und Jugendrehabilitation finden Sie hier.